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Das Gymnasium in Petershagen bietet Rudern als Schulsport und AG an. Das ist auch der Initiative von Mike Weide und seinem Sohn Timon zu verdanken. (#200in365, No.57)

Mike Weide (rechts) und sein Sohn Timon haben den Ruderclub Petershagen wiederbelebt.
Auch ihretwegen ist Rudern am Gymnasium der Stadt nicht mehr nur in einer AG möglich,
sondern ist auch Teil des Schulsports in der Oberstufe. MT-Foto: Benjamin Piel

Dass Rudern in der Region rund um Minden Tradition hat, ist kein Wunder. Die Lage an der Weser macht es möglich. Auch an Schulen rudern die Schüler. Doch im Normalfall handelt es sich entweder um Leistungssport wie am Mindener Bessel-Gymnasium oder um AGs nach dem eigentlichen Unterricht. Am Petershäger Gymnasium gibt es eine ungewöhnliche Variante, die Rudern mitten hineingebracht hat in den Schulsport.

Möglich gemacht hat das vor allem das Engagement von Mike Weide, seinem Sohn Timon und des Gymnasiums. Der Ruderclub (RC) Petershagen war 2006 gegründet worden, um Rudern an der Schule zu unterstützen. Doch das Projekt schlummerte mit der Zeit erst vor sich hin und dann ein. Am Ende hatte der Verein nur noch drei Mitglieder. „Hier liegt alles an der Weser – kein Wassersport in der Schule, das geht nicht“, dachte sich Mike Weide, der als Jugendlicher selbst an der Schule gerudert hatte. Das Bootshaus, das die Stadt 1978 nahe der Weser gebaut hatte, war in einem schlechten Zustand, Geld zur Sanierung fehlte. Das Haus wirkte vergammelt, die Fenster waren zertrümmert, die Boote in schlechtem Zustand. „Alles war auf den Hund gekommen“, formuliert Mike Weide.

Der Verein, der inzwischen 30 Mitglieder hat, bestritt die Sanierung teils aus Eigenmitteln und in Eigenregie, teils mit Hilfe von Sponsoren. Er pachtete das Gelände 2017 schließlich, stellt es der Schule seitdem für Schulsport und AG zur Verfügung. „Das dürfte in dieser Form einmalig im Kreisgebiet sein, dass eine Privatinitiative einer Schule ein Bootshaus zur Verfügung stellt“, freut sich Weide.

Leistungssport sei ausdrücklich nicht der Ansatz, sondern breitensportlich geprägter Schulsport, nicht ausgrenzend, sondern möglichst viele Schüler einbeziehend. Ziel sei es, sich sicher auf dem Wasser bewegen zu können. Bisher gibt es die Möglichkeit der beiden (wöchentlich dreistündigen) Ruder-Kurse als Teil des Sportunterrichts nur in der Oberstufe. Lehrer, die Fortbildungen belegt haben, leiten den Unterricht. „Der Kurs ist sehr, sehr beliebt, es können längst nicht alle teilnehmen, die das gerne würden“, sagt Timon Wiese, der in diesem Jahr sein Abitur machen und die Region anschließend zum Studium in Süddeutschland verlassen wird.

Als attraktiv empfinden die 25 Schüler das Thema Wassersport. Im Sportunterricht einmal etwas Anderes zu sehen als nur die Turnhalle, ist eine willkommene Abwechslung. Viele der Schüler rund um den 18-Jährigen, die vor allem für die Realisierung der Ruder-AG mitverantwortlich sind, machen in diesem Jahr Abitur. „Es müssen Nachfolger her“, hofft der Quetzer. Dass das Projekt weitergeht, sei auch deshalb wünschenswert, weil es neben dem rein sportlichen Aspekt um den Mannschaftsgedanken, um Zusammenhalt, Rücksichtnahme und Disziplin geht, darum, als Gemeinschaft zusammen zu funktionieren, auch mal die Boote oder das Bootshaus sauber zu halten. „Das alles stärkt das Gemeinschaftsgefühl“, ist er überzeugt.

Obwohl die Saison zwischen April und Oktober nicht sonderlich lang ist, ist Rudern ein kostenintensiver Sport. Der Verein habe rund 20.000 Euro in den Kauf und die Instandhaltung von Booten investiert, weitere 20.000 Euro in den Steg, der aber demnächst vermutlich komplett erneuert werden muss, berichtet Mike Weide. Er sagt: „Da muss man schon Fantasie entwickeln.“ Ohne ehrenamtliches Engagement würde bei dem Verein so gut wie nichts gehen. Tausende Stunden seien es innerhalb der zurückliegenden zweieinhalb Jahre gewesen, erzählt der 47-Jährige.

Doch Zeit aufzubringen, das sind die Ruderer gewohnt. Aufs Wasser zu gehen, das ist etwas Anderes als eine Runde zu joggen. Die Rüstzeit – also das Boot aufs und aus dem Wasser zu bekommen – dauert. Es ist ein Aufwand, von dem Mike und Timon Weide das Gefühl haben, dass er alles andere als verlorene Zeit ist. Sie hoffen, dass sich in Zukunft genug Leute finden, die das genauso sehen, um das Projekt Rudern am Gymnasium am Leben zu halten.

Von Benjamin Piel, Chefredakteur