Daily Archives: 26. Juni 2018

Vor der WM in Russland: MT-Volontär auf Recherchereise mit anderen Journalisten

In Sotschi spielt auch die deutsche Nationalmannschaft. Unklar ist, was nach der WM mit der „Fisht“-Arena passiert. Foto: Ilja Regier

Elf Tage bin ich gemeinsam mit elf anderen Journalisten aus Deutschland quer durch Russland gereist. Mit dem Flieger ging’s zuerst im April aus Berlin nach Moskau, dann weiter per Nachtzug nach Kasan und anschließend ins mediterrane Sotschi, wo die Olympischen Winterspiele 2014 ausgetragen wurden – alle drei Städte sind WM-Spielorte. Vor der Weltmeisterschaft wollten wir hinter die Kulissen schauen und sprachen unter anderem mit oppositionellen Politikern oder Vertretern aus der Wirtschaft.

In Moskau trafen wir uns mit Korrespondenten deutscher Medien wie Zeit, FAZ, ARD oder dpa. Einige vermuten, dass sie überwacht werden – sie gehen offen damit um. Interessant war auch der Besuch bei der Menschenrechtsorganisation „Memorial“, die mittlerweile vom russischen Staat als „ausländischer Agent“ bezeichnet wird. Irina Scherbakova von „Memorial“ berichtete davon, wie schwierig die Arbeit für sie geworden ist. In der Stadt Kaluga besuchten wir die Werke von Volkswagen sowie Continental und besichtigten die Produktion.

Moskau stand ebenfalls auf dem Programm. Foto: Ilja Regier

Auf unserer zweiten Station Kasan machten wir uns mit der Kultur der Stadt vertraut, die in der Region Tatarstan liegt. Das Besondere dort? Christen und Muslime leben friedlich miteinander, die bekannte Kul-Scharif-Moschee steht neben einer orthodoxen Kirche. Wir durften ins Stadion, sprachen mit der Leiterin eines Filmfestivals und einem tatarischen Historiker.

Der dritte Stopp hieß Sotschi, wo uns Palmen begegneten. Die Stadt am Schwarzen Meer gilt als russische Riviera. Auf dem Programm standen ein Besuch im Olympischen Dorf samt WM-Stadion und ein Treffen mit Anatoli Pochomow, dem Bürgermeister von Sotschi. Neben Pochomow erwarteten uns mehrere Mitarbeiter aus seinem Presseteam, Fotografen und ein Kamerateam am Treffpunkt. Wir baten darum, nicht gefilmt zu werden. Zu unsicher erschien uns, wie das Material am Ende geschnitten wird. Stichpunkt: Propaganda. Pochomows Entourage fragte auch, ob ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt nicht Teil unserer Gruppe sei. Überaus merkwürdig. Einige Tage später war klar warum: Die Russen verweigerten ihm die Einreise zur WM. Offenbar hofften sie, ihn bei unserem Besuch bereits herauszufischen.

Ilja Regier mit dem WM-Maskottchen. Foto pr.

Unsere Gruppe bestand aus unterschiedlichen Journalisten. Zum Beispiel waren Redakteure vom Wirtschaftsmagazin Euro, von der Zeit, Radio Luxemburg und sogar eine „Nachbarin“ aus Bielefeld (Neue Westfälische) dabei. Mit von der Partie waren auch einige Vertreter von öffentlich-rechtlichen Medien wie BR, WDR und NDR. Hinterher veröffentlichte ein Kollege einen TV-Beitrag im NDR-Medienmagazin „Zapp“ über unsere Reise. Mein Vorteil gegenüber den anderen Journalisten? Ich kann russisch sprechen, deswegen waren immer wieder meine Fähigkeiten als Dolmetscher gefragt.

Zurück in Minden entstanden mehrere Artikel über die Russland-Reise. Auf einer Themenseite setzte ich mich kritisch mit dem Stadion in Sotschi auseinander. Wie geht es nach der WM mit der teuren Arena weiter und wie soll sie nachhaltig genutzt werden? In einem anderen Artikel ging es um die Werke der deutschen Konzerne in Kaluga. Darin erläuterte ich, wie deutsche Unternehmen trotz Sanktionen in Russland profitieren können. Zudem entstanden Interviews mit unter anderem Andrej Netschajew, dem ersten russischen Wirtschaftsminister.

Nach meinen spannenden Recherchereisen für das MT in Weißrussland (2017) und der Ukraine (2016) waren die Tage in Russland insgesamt aufregend. Journalists Network ein Verein, der den journalistischen Nachwuchs und die Auslandsberichterstattung fördert, organisierte diese Reise. Mein Dank gilt auch Christoph Pepper, der uns Volontären derartige Auslandsreisen empfohlen und solche Projekte unterstützt hat.

Von Ilja Regier, MT-Volontär

Dieser Artikel ist zuerst im Magazin johann! – Aktuelles aus der Unternehmensgruppe J.C.C. Bruns erschienen.

Etwa 25 Gäste diskutieren bei MT-Aktion „Reden wir drüber“ über Pläne der Mühlenkreiskliniken

Als die Nachricht über den Ticker kommt, dass die Planungen auf Null gestellt werden, bricht Jubel aus. „Jetzt müssen wir dran bleiben“, sagt dann einer der Gäste beim MT-Treff auf der Obermarktstraße. Knapp 80 Jahre ist der älteste von ihnen, noch keine 20 die Jüngste.

Gut findet keiner der etwa 25 Gäste an diesem Nachmittag die Pläne zur Umstrukturierung der Mühlenkreiskliniken (MKK), alle haben so ihre Sorgen und Bedenken. „Ich möchte Hebamme werden“, sagt die junge Abiturientin. „Würde ich da künftig nur noch die Wahl einer Ausbildung in einer großen Station haben?“ Denn einer der geplanten Punkte in dem Konzept war, die Geburtshilfe in Minden zusammenzuziehen.

Ein anderer hat oft in der Mindener Geriatrischen Station zu tun. Die sollte laut Planung nach Lübbecke verlegt werden. „Die Besucher sind doch oft selber sehr gebrechlich“, sagt er. Und wenn dann die Wege noch weiter würden, kämen immer weniger. „Dabei ist gerade für die alten Menschen der Besuch oft so wichtig.“

Eine ehemalige Lehrerin sorgt sich „Das Ganze ist so ähnlich wie das, was mit den Grundschulen passiert ist –- man macht die kleinen Sachen kaputt, hinterher wundert man sich, dass die jungen Familien aus den Dörfern wegziehen.“

Und jetzt ? „Wir müssen dran bleiben, Argumente sammeln, mitreden “ – auch darin sind sich die Gesprächsgäste einig. Die Planer sollten Bürger beteiligen, auch mit den Ärzten, den Patientenvertretern, den Pflegekräften sprechen. „Und nicht einfach quasi fertige Pläne von oben herab verkünden.“ Erste Ideen sind auch da: Belegbetten für Landärzte, beispielsweise. „Die Grundfrage ist doch: Wie wollen wir eigentlich künftig leben, was für eine Gesellschaft haben wir?“

Einer der häufig genannten Kritikpunkte: Das gesamte Verfahren und die Vorgehensweise der MKK-Chefetage sei intransparent, die Leute in diesem so wichtigen Prozess nicht mitgenommen worden. „Natürlich darf man die wirtschaftliche Situation der Mühlenkreiskliniken nicht außer Acht lassen“, sagt ein MT-Leser aus Porta Westfalica. „Mein Eindruck von dem Konzept war allerdings, dass dabei die Wirtschaftlichkeit über dem Patientenwohl stand.“

Unterdessen verfolgen viele auch den MT-Live-Ticker von der Pressekonferenz des MKK-Vorstands und kommentieren intensiv: „Die Prognose der Geburtenzahlen geht stetig hoch. Da kann man doch kein Konzept präsentieren, bei dem die Geburtenkapazität verringert wird!“, schreibt Jens Kökenhoff, Und Friedrich Steffen meint sarkastisch: „Hohe Emotionalität“, „Betroffenheit“ – wohl nicht damit gerechnet, dass die Menschen im Mühlenkreis nicht daneben stehen und Beifall klatschen, wie beim Treffen eines Geflügelzuchtvereins.“ Und weiter: „Es wäre mehr als wünschenswert, wenn der Vorstand sich um den Kernauftrag kümmern würde: eine reibungslose Versorgung der Patienten und eine gerechte Behandlung der Angestellten. Denn auf dem Rücken dieser beiden Seiten wird dieser Prozess ausgefochten.“

Skeptisch ist Jenny Danowsky in Richtung MKK-Vorstand und Landrat: „Also ich habe kein Vertrauen mehr in diese drei Menschen. Deren Vorschlag wird nach der Sommerpause sowieso umgesetzt – und wenn sie es still und heimlich machen.“

Hartmut Stickan, SPD-Kreistagsabgeordneter, schreibt: „Wie will dieser Vorstand jemals wieder Vertrauen zurückgewinnen? Jede Handlung wird jetzt genauestens überprüft und hinterfragt werden müssen.“ Überprüfen – das wird in der Tat eine Aufgabe für die Politik sein.

Es gibt aber nicht nur Kritik. Ein Gesprächspartner hat zum Beispiel für die Notaufnahme im Johannes Wesling Klinikum viele lobende Worte übrig. „Die Mitarbeiter dort leisten hervorragende Arbeit, ich bin dort immer sehr zufrieden. Das muss man auch einmal erwähnen.“

Donnerstagabend hatte sich ein Aktionskomitee für eine Mahnwache und die Organisation des Widerstands aus der Facebook-Gruppe „Gegen die Pläne des MKK-Vorstands: Der Zerstörung unserer Krankenhäuser“ gegründet. Den Termin für eine Mahnwache am Samstag, 30. Juni, um 15 Uhr am Krankenhaus in Rahden halten sie aufrecht: „Gegenwind – wir pfeifen auf die Pläne des MKK-Vorstands.“

Alle Berichte zum Thema finden Sie hier.

Von Monika Jäger und Sebastian Rademacher

Die Autoren sind erreichbar unter (o571) 882 201, Sebastian.Radermacher@mt.de, und (0571) 882 148, Monika.Jaeger@MT.de