Daily Archives: 29. Januar 2019

„Karikaturenpreis der deutschen Zeitungen“ für Amelie Glienke

Die erstplatzierte Karikatur von Amelie Glienke. Foto: BDZV

Amelie Glienke ist in diesem Jahr die Gewinnerin des vom BDZV ausgeschriebenen „Karikaturenpreises der deutschen Zeitungen“. Gewürdigt wird eine Arbeit, die in der Wochenzeitung „Der Freitag“ (Berlin) erschienen ist und den Untergang des alten Tankers SPD samt völliger Fehleinschätzung der Lage durch die Parteispitze thematisiert. Die mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnung wurde gestern Abend von Anja Pasquay in der Vertretung des Landes Rheinland-Pfalz in Berlin überreicht, in der unter dem Titel “Rückblende” auch eine Ausstellung weiterer Einreichungen zu sehen ist. Zum 35. Mal werfen hier Fotografen und Karikaturisten einen Blick auf das vergangene politische Jahr. Platz zwei und 2.000 Euro gingen an Klaus Stuttmann („Der Tagesspiegel“, Berlin). Den dritten Preis (1.000 Euro) erhielt Rolf Henn („Stuttgarter Zeitung“). Am Karikaturenpreis der deutschen Zeitungen im Rahmen der “Rückblende 2018” haben 65 Karikaturistinnen und Karikaturisten teilgenommen.

2. Platz: Klaus Stuttmann.

Preisgekrönt wurden bei der „Rückblende 2018″ auch die besten politischen Fotografien des vergangenen Jahres. Staatssekretärin Heike Raab übergab den von der rheinland-pfälzischen Landesvertretung gestifteten Preis in Höhe von 7.000 Euro für das beste Foto an Daniel Chatard (freier Fotograf). Mit dem Preis für die „beste Serie“ wird David Klammer (freier Fotograf, laif) ausgezeichnet. Odd Andersen (AFP) erhält die Würdigung für „das scharfe Sehen“. Um den Fotopreis der Landesvertretung Rheinland-Pfalz bewarben sich 215 Fotografinnen und Fotografen.

3. Platz: Rolf Henn.

Nach der Premiere in Berlin geht die Ausstellung „Rückblende“ auf Reisen und wird in Koblenz, Neustadt an der Weinstraße, Trier, Mainz, Bonn, Leipzig und Brüssel gezeigt. Zu sehen sind die jeweils 50 besten Fotos und Karikaturen, die eine unabhängige Jury aus 1.354 eingereichten Arbeiten ausgewählt hat.

Quelle: BDZV

Bis ins kleinste Detail – Der Modellbauer Karl Fischer hat in Brakel originalgetreu die Bahnstrecke zwischen Ottbergen und Altenbeken auf dem Stand des Sommers 1975 nachgebaut. Warum tut jemand so etwas? (#200in365, No.111)

Karl Fischer hat seinen Beruf als Unternehmensberater aufgegeben. Er ist in Vollzeit mit dem Projekt Modellbundesbahn beschäftigt. MT-Foto: Benjamin Piel

Bevor Karl Fischer entschied, sich einer ostwestfälischen Bahnstrecke zu opfern, hatte er ein Leben, das sich als recht normal beschreiben ließe. Er war in einer Düsseldorfer Unternehmensberatung beschäftigt und hätte das auch noch Jahre bleiben und vermutlich ordentlich Geld verdienen können.

Doch der Betriebswirt konnte nicht. Irgendetwas in ihm sagte, dass er sein altes Leben aufgeben, den Beruf hinschmeißen, einen Kredit aufnehmen, eine Halle bauen und sich ganz dem Modellbau verschreiben sollte. Andere Ehefrauen hätten ihm vermutlich einen Vogel oder gleich den Mittelfinger gezeigt. Fischers Frau dagegen sagte, er solle auf seine innere Stimme hören. Und das tat Fischer.

Nun steht er in einer 700 Quadratmeter großen Halle im Industriegebiet Brakels (Kreis Höxter) an der B 252 inmitten einer 100 Quadratmeter großen Modellbahnstrecke. Umgeben von 1.500 Bäumen – eineinhalb Stunden Handarbeit das Stück –, 2.000 Büschen, hunderten Waggons und unzähligen Schienen, Spurgröße H0. Es handelt sich um einen bis ins letzte Detail genauen Nachbau der Strecke zwischen Ottbergen und Altenbeken im Sommer 1975.

Nachbau – das ist so ein Wort, von dem Fischer findet, dass es zu Unrecht inflationär gebraucht wird. Das ärgert ihn. Denn was sich Nachbau nenne, das müsse dann auch bitte sehr jedes Detail maßstabsgetreu nachempfinden. Fischer und sein Team haben sich sklavisch der Detailtreue verschrieben. Gerade bauen sie das Altenbekener Eisenbahnviadukt nach. Das Modell soll nicht nur auf den ersten Blick so aussehen wie das Original. Jeder Schaden, jeder Quader, jedes Geländer, die Steigung von elf Prozent – alles muss stimmen. Dafür hat sich Fischer die Originalpläne aus dem 19. Jahrhundert besorgt, hat alte Eisenbahner befragt. Sicher ist sicher. „99,5 Prozent der Besucher mag das egal sein“, das weiß Fischer. Aber das kümmert ihn nicht. Er hat sich einer Mission verschrieben: „Wir wollen Geschichte im Modell wirklich zeigen.“ Genau muss es sein und noch mal genau. Nur so könne man darstellen, wie der echte Eisenbahnbetrieb damals funktioniert hat, Lokomotivwechsel inklusive.

Um das möglich zu machen, ist der 46-Jährige ins finanzielle Risiko gegangen. Wie viel der Bau der fensterlosen Halle und der Anlage gekostet hat, will er nicht sagen, spricht aber von einer „größeren sechsstelligen Summe . Um über die Runden zu kommen, müssen mindestens 30.000 Besucher im Jahr die Ausstellung besuchen. Im vergangenen waren es nur 15.000. Fischer hofft, dass es nur der heiße Sommer war.

Warum ausgerechnet diese Strecke und der Sommer 1975? Fischer ist in der Nähe aufgewachsen. Täglich hörte er die Dampfloks hinter der Schallschutzmauer entlangächzen. Und wenn er im Auto seiner Eltern mal vor einem Bahnübergang warten musste, kamen die schwarzen Ungetüme langsam näher. Der Bahnvirus sprang über. Und der Sommer 1975 war der letzte der Dampfloks in Westdeutschland. Am 29. Mai 1976 nahm die Bundesbahn sie außer Betrieb. Aus dem glorreichen Bahnhof Ottbergen wurde „Schrottbergen“, wo die Loks zerlegt wurden.

Heute arbeitet dort kein einziger Bahner mehr. Ganz anders sieht es in der Brakeler Halle aus. In der baut Fischer jene Welt auf, die vor 43 Jahren untergegangen ist – im Maßstab 1:87.

Von Benjamin Piel, Chefredakteur