Daily Archives: 19. Dezember 2018

Vom Wasser in den Schnee – Der Faltboot- und Skiclub Minden vereint seit 65 Jahren zwei Sportarten, die an sich nicht sehr nah beieinander liegen. Am Bootshaus an der Weser finden auch moderne Sportarten ein Zuhause (#200in365, No.93)

Wollen den Faltboot- und Skiclub Minden gemeinsam voranbringen: Vorsitzender Otto Bambach (rechts) und sein Stellvertreter Henry Jahn (links) sowie Bootshauswart Reinhard Maisolle. MT-Foto: Piel

Nachdem die Nachwuchssorgen zwischenzeitlich groß waren, hat vor allem der Drachenbootsport für Entspannung beim Faltboot- und Skiclub Minden gesorgt. Nun ist die Sportart auf dem absteigenden Ast. Der Verein um den Vorsitzenden Otto Bambach muss immer neue Trends integrieren, um auf der Höhe der Zeit zu bleiben und die Mitgliederzahl bei rund 150 zu halten. Bambach, sein Stellvertreter Henry Jahn und Bootshauswart Reinhard Maisolle schauen trotzdem positiv in die Zukunft.

Was sind eigentlich Faltboote?

Henry Jahn: Das sind Boote, die aus einem zusammenklappbaren Holzgestänge bestehen. Zusammengeklappt passen sie in einen Rucksack. In den Anfängen des Vereins haben diese Boote eine große Rolle gespielt, heute ist das nicht mehr so. Die Vereinsmitglieder sind inzwischen mit allem Möglichen unterwegs – vom Kanu übers Drachenboot bis zum Kanadier.

Gibt es die Kombination aus Ski- und Wassersport häufig?

Otto Bambach: Nein, das ist keine häufige Kombination und bei den regionalen Vereinen ist sie sogar einmalig. Das Skilaufen spielt zwar eine untergeordnete Rolle, aber eine Skiwoche im Harz gibt es noch immer.

Haben Sie eine Ahnung, wieviele Kilometer Vereinsmitglieder seit der Gründung auf dem Wasser zurückgelegt haben?

Henry Jahn: Mehr als nur eine Ahnung. Aus versicherungstechnischen Gründen dokumentieren die Mitglieder jeden Kilometer. Aktuell liegen wir bei mehr als 1,2 Millionen.

Der Schleusenbau war für den Verein eine einschneidende Sache. Warum?

Otto Bambach: Der Verein hatte 1960 in Eigenregie ein Bootshaus an der Schachtschleuse gebaut. 1994 bekamen wir Nachricht, dass der Bau einer neuen Schleuse geplant sei und wir weg müssten. In unserem Pachtvertrag stand, dass wir das Grundstück besenrein zu übergeben haben. Wir mussten also den Abriss in Eigenregie organisieren. Bis 1999 haben wir das neue Gebäude an der Weser in Eigenleistung von 10.000 Stunden gebaut. Das 3.000 Quadratmeter große Grundstück haben wir von der Stadt gepachtet. Wir haben allerdings im Pachtvertrag stehen, dass der Verein entschädigt werden müsste, würde das Grundstück anderweitig gebraucht. Darauf habe ich bestanden.

Der Drachenbootsport ist kein so großer Trend mehr. Was bedeutet das für Sie?

Reinhard Maisolle: Es stimmt, das Drachenboot-Thema hat an Attraktivität verloren. Das sind aber normale Entwicklungen. Vor Jahren gab es mehrere Kanurennsport-Vereine in der Region – die sind inzwischen alle weg. Wir müssen immer schauen, dass wir modern bleiben. Gerade sind die Themen Stand-Up-Paddling und Auslegerkanu in.

Von Benjamin Piel, Chefredakteur

„Das Soziale liegt im Argen“ – Als ehemaliges SPD-Mitglied sitzt Stefan Schröder heute für die Linken im Stadtrat (#200in365, No. 92)

Stefan Schröder nicht miteinander zu reden.
MT-Foto: Benjamin Piel

Stefan Schröder war mal Mitglied der SPD, trat im Zuge der Agenda 2010 aber enttäuscht aus und später bei den Linken ein. Für die sitzt er nun im Stadtrat. In Minden sieht er noch einige soziale Fragen offen.

Wie ist es um das Soziale in Minden bestellt?

Es lag im Argen und es liegt noch immer im Argen. Leider wird dieses wichtige Thema seit Jahren überschattet von einer leidigen Flüchtlingsdebatte, bei der die Linke leider auch noch mitmacht. So arbeitet sich Politik an etwas ab, das gar nicht das Hauptproblem für die Menschen ist. Die linke Sammlungsbewegung „Aufstehen“ mögen einige bei den Linken nicht. Aber es gibt eine Sehnsucht, endlich wieder intensiv über soziale Themen zu sprechen.

Gesetzt den Fall, dass es diese Sehnsucht tatsächlich gibt, warum profitiert Ihre Partei dann nicht stärker von der schwachen SPD?

Das würde man, würde die Linke mit dem Sozialthema stärker nach vorne treten. Stattdessen wird über den Konflikt zwischen Wagenknecht und Kipping gesprochen. Das bringt uns nicht weiter.

Was würde Sie denn weiterbringen?

Mir gefällt der Ansatz von Bart Somers, dem Bürgermeister von Mechelen. Die belgische Stadt war ganz unten. Er hat auf der einen Seite strikt den Rechtsstaat, auf der anderen Seite die Integration vorangebracht. Nur so geht es. Es gibt nicht nur Schwarz und Weiß. Rechts- und Linksextreme sind absolute Minderheiten, die die Gesellschaft terrorisieren. Die große Mehrheit dazwischen sollte sich nicht in Kleinkriegen verlieren, sondern gemeinsam nach Lösungen suchen. Das vermisse ich auch in Minden oft. Dass Politiker verschiedener Parteien sich gemeinsam an einen Tisch setzen und nach der besten Lösung statt nach der besten Inszenierung suchen. Wir dürfen die Ebene des gegenseitigen Respekts nie verlassen – auch nicht, wenn man komplett anderer Meinung ist. Und wir müssen alle Menschen zu echten gleichwertigen Bürgerinnen und Bürgern von Minden machen.

Und wie?

Wir machen schon einiges – von Stadtteilmanagern über Kulturförderung, eine Stadtbibliothek, die für Bedürftige nur die Hälfte kostet oder bald – wenngleich sehr spät – Carsharing. Aber es bleiben große Herausforderungen. Wir wünschen uns eine städtische Wohnungsbaugesellschaft und eine erhebliche Anhebung der Mietrichtwerte, um die angespannte Situation zu verbessern. Für Hartz-IV-Bezieher gibt es kaum Wohnungen. Die Rathaussanierung wird immer teurer, aber für bezahlbaren Wohnraum soll kein Geld da sein. Das versteht niemand und daran lässt sich erkennen, dass einige Kommunalpolitiker große Mühe haben, sich die Welt eines Hartz-IV-Beziehers vorzustellen.

Aber es gibt doch das „Handlungskonzept Wohnen“?

Das ist eine ziemliche Totgeburt. Da kommen Wohnungen bei raus, die sich Grundsicherungsbezieher nicht leisten können.

Aber wenn ich mir den Mindener Wohnungsmarkt anschaue, dann gibt es doch reichlich freie Wohnungen?

Das Problem ist nicht der Mangel an Wohnungen, sondern an Zwei-Zimmer-Wohnungen, die im Rahmen des Arbeitslosengeldes II im Bereich des Zulässigen liegen. Gäbe es eine Wohnungsbaugesellschaft, bei der es nicht in erster Linie auf den Profit ankommt, sähe es anders aus. Die müsste ja nicht zwangsläufig die Stadt gründen. Das könnten auch Unternehmer, die etwas Gutes für die Gesellschaft tun wollen.

Ein Linker setzt seine Hoffnung auf Privatunternehmen…

Ich bin dagegen, Gruppen und Menschen in Schubladen zu stecken. Unternehmen zu verteufeln, ist nicht mein Ding. Moderner fände ich, dieses Denken zu überwinden, Ideologien aufzulösen und möglichst viele Gruppen an einen Tisch zu holen. Es gibt nichts, was die Gesellschaft mehr spaltet, als nicht miteinander zu reden.

Von Benjamin Piel, Chefredakteur

 

Drei Fragen an … Andreas Peters, Pastor der Christengemeinde Veltheim – „Unsere Gemeinde bemüht sich, sich zu öffnen“ (#200in365, No.91)

Pastor Andreas Peters will keine verschlossene Gemeinde. MT-Foto: Piel

Die Freie evangelische Christengemeinde Veltheim ist russlanddeutsch geprägt, will sich aber mehr und mehr öffnen. Zum ersten Mal veranstaltet sie vom 14. bis 16. Dezember einen Weihnachtsmarkt auf ihrem Gelände in der Ravensburger Straße. Pastor Andreas Peters und seine Gemeinde wollen ein Zeichen an die Region senden: Spenden sammeln, um Menschen vor Ort zu unterstützen.

Russlanddeutsche gelten als geschlossene Gesellschaft, die nicht sonderlich interessiert an Kontakten nach außen ist. Nehmen Sie diesen Vorwurf wahr und stimmt er?

Ja, diesen Vorwurf nehmen wir durchaus wahr und er war viele Jahre auch durchaus berechtigt. Zumindest unsere Gemeinde bemüht sich aber bereits seit einiger Zeit, sich mehr zu öffnen und sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren.

Deshalb auch die Idee, zu einem Weihnachtsmarkt einzuladen?

Genau. Wir haben oft für Missionare oder Arme in Afrika gesammelt. Aber nun haben wir uns gedacht, dass wir ein Zeichen setzen und etwas Gutes für die Region tun wollen, in der wir leben. Der Erlös unseres Weihnachtsmarktes geht an die Aktion Lichtblicke.

Wie hat sich die Gemeinde über die Jahre entwickelt?

Wir haben vor 23 Jahren mit 40 Leuten begonnen. Inzwischen haben wir 460 erwachsene Mitglieder und mehr als 200 Kinder und Jugendliche. Zu unseren Gottesdiensten kommen bis zu 1000 Menschen.

Von Benjamin Piel, Chefredakteur