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4 50 Jahre Stichlinge Wenn einer kein Plattdeutsch kann ... oder: Ein Sozialarbeiter auf der Suche nach der richtigen Ausdrucksform Birger Hausmann kann kein Plattdeutsch. Das ist die Geburtsstunde der Stichlinge. Denn im Haus der Jugend, wo der Sozialarbeiter seine erste Stelle bei der Stadt Minden antrat, gab es nur eine plattdeutsche Laienspielgruppe. Hausmann wollte auch Theater spielen, aber nicht mit vorgefertigten Texten. So kam er im April 1966 mit dem Journalisten Jost-Ulrich Meyer auf die Idee, ein Kabarett zu gründen. Das Duo macht damit der später namensgebenden Gattung Stichling alle Ehre. Denn, wie Forscher der University of British Columbia herausgefunden haben, ist die Aufzucht von Nachkommen beim dreistacheligen Stichling Sache der Väter. Stichlingsmütter haben bei dieser Aufgabe eine eher untergeordnete Rolle – allen Gleichstellungsdiskussionen zum Trotz. Die erste Brut fiel zahlreich aus. Sie brachte 1966/67 das „4. Fernseh-Programm“ in die damals noch sehr übersichtliche öffentlich-rechtliche TVLandschaft. Bei der Aufzucht der Stichlingsbrut haben die Männer das Sagen. In Minden ist Birger Hausmann seit fünf Jahrzehnten alleinerziehend tätig. Hat die Stichlingsfrau ihre Eier abgelegt, wird sie davongejagt. Nun beginnt der stressige Teil für Papa Stichling: füttern, aufpassen, dass die Kleinen sich nicht zu weit Lirum, Larum, Löffelstil sangen 1968 Bernd Borcherding, Birger Hausmann, Rosi Reimann, Jonny Emmerich, Ulla Reimann, Manfred Bistron, Armin Buchmann (von links). Foto: pr gen. Sie sind weit aus der Weser herausgeschwommen. Das hat ihnen viel Ehre eingebracht: 1970 wurden sie „Beste Kabarett-Amateurgruppe in NRW“ (Amateurtheaterfestival Recklinghausen), 1988 von der Bezirksregierung als „Förderungswürdige kulturelle Institution“ anerkannt. Das Deutsche Kabarett-Archiv Mainz kürte sie schon 1990 zum „ältesten, aktiven Amateur Kabarett Deutschlands“, 2003 überreichte die Interessengemeinschaft Standortförderung Kreis Minden-Lübbecke den Förderpreis „Leistung macht Laune“ und 2007 gab es vom Verein Mehr Minden den Bürgerpreis. sender Gelegenheit die Stacheln ausgefahren. Die Brutstätte im Haus der Jugend wurde für seinen Schwarm bald schon zu klein. Im Vortragssaal der Sparkasse fand die Stichlings- Familie eine neue kuschelige Höhle. Und als die Sparkasse selbst ein Die Brutstätte im Haus der Jugend wurde bald schon zu klein. neues Domizil brauchte, war schnell klar, dass auch dort eine Bruthöhle eingerichtet wird. Mehr als 70 Stichlinge hat Birger Hausmann großgezovom Nest entfernen, Feinde abwehren, Stacheln ausfahren, Disziplin lernen. Eine anspruchsvolle und kräftezehrende Aufgabe, die so manchen Stichlingsvater an den Rand des Wahnsinns bringt. Nicht so Birger Hausmann. Er hat die Brut über 50 Jahre durch Wind und Wogen geschaukelt, gemeckert, gepoltert, gelobt, gern auch bei pas- Obermarktstraße 8 · Minden www.brillenonline.de 50 Jahre Mindener Stichlinge – wir gratulieren!


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