„Mindener Geheimnisse“: MT-Redaktion realisiert Serie und Buchprojekt

Kerstin Rickert und Jürgen Langenkämper trugen mit Eva-Maria Bast die Themen zusammen und recherchierten auch selbst zahlreiche der im Buch vorgestellten Stadtgeschichten. Foto: Alex Lehn

Wer einmal auf ihre Spur gekommen ist, sieht sie plötzlich überall in der Stadt. Vergessene Orte, an denen Gleise nach wenigen Metern ins Nichts führen, ein Fass, das sich aus einer Hausfassade wölbt, ein silberfarbener Würfel inmitten eines Mauerwerks oder ein kleiner versteckter Friedhof, eingerahmt von schmucklosen Gewerbebauten.

Ähnlich ging es Eva-Maria Bast, Kerstin Rickert und Jürgen Langenkämper, nachdem sie im Herbst 2016 ein ungewöhnliches Buchprojekt gestartet hatten.

Gemeinsam mit Mindenerinnen und Mindenern haben sich die drei Journalisten auf eine Reise durch die Stadt gemacht und die Geschichten hinter diesen ungewöhnlichen Relikten aufgespürt. Für die „Mindener Geheimnisse – 50 spannende Geschichten aus der Stadt an der Weser“ haben sie fast sechs Monate gesucht, recherchiert und geschrieben. Inspiration und Hinweise für die Geschichten, die sich hinter unscheinbaren Fassaden verbergen oder um echte Mindener Originale drehen, haben sie nicht nur aus ihren eigenen Erkundungen gezogen, sondern vor allem aus dem großen Wissensschatz von Mindener Bürgern.

„Ich habe festgestellt, dass es in Minden viele Menschen gibt, die sich mit ihrer Stadt und deren Geschichte auskennen. Es hat großen Spaß gemacht, mit ihnen zusammen auf Geheimnissuche zu gehen. Denn das gehört zum Konzept: dass geschichtskundige Einheimische mit ihrem Wissen dazu beitragen, dass die Geschichte und Geschichten einer Stadt nicht verloren gehen“, sagt Eva-Maria Bast, die Initiatorin des Gemeinschaftsprojekts von MT und Bast-Medien.

Blicke von Innen und Außen auf die Stadt

60 bis 70 Ideen standen nach einigen ersten Überlegungen auf der Liste des Autorenteams. Zusammengetragen durch eigene Beobachtungen in der Stadt und zahlreiche Gespräche mit Ortsheimatpflegern, geschichtsinteressierten Bürgern oder Denkmalpflegern. „Wir haben dann recherchiert, über welche Geschichten sich auch im Kommunal- und MT-Archiv, in der Stadt-Bibliothek oder den Bänden zu den Bau- und Kunstdenkmälern von Westfalen Informationen finden“, sagt MT-Redakteur Jürgen Langenkämper.

Eva-Maria Bast, Initiatirorin der preisgekrönten Buchreihe „Geheimnisse der Heimat“. Foto: Bast-Medien

Eva-Maria Bast wohnt am Bodensee und hat bei ihren Besuchen in Minden einen ganz anderen Blick auf die Stadt gehabt als die gebürtigen Mindener Kerstin Rickert, Jürgen Langenkämper oder die 20 Paten, die über ihre besonderen Lieblings-Entdeckungen berichten. „Diese ganz unterschiedlichen Menschen und Geschichten machen das Buch so besonders“, sagt Jürgen Langenkämper. Eine einzige Bedingung mussten die ausgewählten Überbleibsel aus der Vergangenheit erfüllen: Sie müssen frei zugänglich sein, also für alle interessierten Menschen erreichbar. So erzählt Eisenbahnkenner und Geschichtslehrer Werner Schütte, warum an einigen Hauswänden in der Mindener Innenstadt Rosetten mit einem Haken in der Mitte angebracht sind. Was haben sie für einen Sinn? „An diesen Haken waren die Oberleitungen für die Straßenbahn befestigt“, sagt Schütte.

Im Zehn-Minuten-Takt per Straßenbahn vom Markt zum Bahnhof

Während die erste Mindener Straßenbahn eine Pferdebahn war und keine Oberleitungen benötigte, fuhr die elektrische Straßenbahn ab Dezember 1920 durch die Stadt. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs hatte den Start verzögert. Am Markt befand sich ein wichtiger Umsteigeplatz, in den 1930er Jahren konnte man von hier aus im Zehn-Minuten-Takt zum Bahnhof fahren. Zwischen 1956 und 1959 wurden auch die letzten Straßenbahnlinien still gelegt, sagt Schütte. Nur die Rosetten an den Häuserfassaden, beispielsweise an der Obermarktstraße 26-30, erinnern an die Straßenbahn-Zeit in Minden.

Sabine Hauptmeier, Architektin und Projektentwicklerin bei der Stadt Minden, hat am Simeonskirchhhof ein besonderes Grab entdeckt, dessen Inschrift sie immer wieder berührt. Geheimnis-Patin und Pädagogin Sonja Weichert hat sich auf die Spuren des ersten öffentlichen Mindener Badehauses am Weberberg begeben. „Zum ersten Mal in der damals schon tausendjährigen Geschichte der Stadt hatten die Mindener ab den 1840er-Jahren einen Ort, an dem sie sich mit warmem Wasser reinigen konnten“, erzählt sie über das Gebäude am Weberberg 4, das heute ein Wohnhaus ist.

„Ich habe, obwohl ich hier lebe, viel über Minden und das Leben der Menschen früher gelernt“, sagt MT-Mitarbeiterin Kerstin Rickert. „Und bei manchen Geheimnissen gab es so viele Dinge zu entdecken, da musste man aufpassen, dass man sich nicht verzettelt.“

Mindener Geheimnisse … Fotos: Kerstin Rickert (2), Eva-Maria Bast

Überraschungen selbst für Experten

Die Geschichten zu einigen Geheimnissen haben auch den MT-Geschichtsexperten Jürgen Langenkämper noch überrascht. „Meine Lieblingsgeschichte ist die über die tiefe Rille neben der Eingangstür der Marienkapelle in Hahlen“, sagt er. Hahlens Ortsheimatpfleger Hans Eberhard Brandhorst hat dieses Geheimnis als Vorschlag für das Buch an die Autoren herangetragen – und auch gleich die Antwort mitgeliefert. Die Kirchgänger zogen früher ihr Messer durch die Wetzrillen, um ihre friedliche Absicht zu bekunden, sagt Brandhorst. So erklärt sich die längliche Einkerbung neben der Eingangstür.

All diese Geschichten, die sich von der Unteren Kreidezeit vor mehr als 100 Millionen Jahren bis zur heutigen Zeit erstrecken, haben die Stadt geprägt. Wer sich auf Spurensuche machen möchte und in die Vergangenheit eintauchen will, findet im Buch die genauen Standorte und eine Wegbeschreibung, mit der sich auch die gut verborgenen Schauplätze finden lassen.

„Mindener Geheimnisse“ ist ab sofort zum Preis von 14,90 Euro bei „express Ticketservice“ in der Obermarktstraße sowie in den heimischen Buchhandlungen erhältlich. Es kann auch über den Lesershop auf MT.de bezogen werden, dazu bitte hier klicken.

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