Presserat hält an Richtlinie zur Herkunftsnennung von Straftätern fest

Ein Mann wird am 1. Januar 2016 in Köln am Hauptbahnhof von Polizeibeamten abgeführt. Die Frage ist alt, die Antwort nicht einfach: Wann sollen Medien Angaben zur Herkunft oder Religion von Straftätern machen? Eine Orientierungshilfe gibt der Deutsche Presserat in seinem Pressekodex in der Richtlinie 12.1. Foto: Markus Böhm/dpa

Ein Mann wird am 1. Januar 2016 in Köln am Hauptbahnhof von Polizeibeamten abgeführt. Die Frage ist alt, die Antwort nicht einfach: Wann sollen Medien Angaben zur Herkunft oder Religion von Straftätern machen? Eine Orientierungshilfe gibt der Deutsche Presserat in seinem Pressekodex in der Richtlinie 12.1. Foto: Markus Böhm/dpa

Bei der Berichterstattung über Kriminalität sollen Medien auf Empfehlung des Deutschen Presserats auch künftig nur dann Religion oder Nationalität der Täter nennen, wenn es einen «begründeten Sachbezug» zur Straftat gibt. Die Vollversammlung des Gremium lehnte es am Mittwoch ab, die entsprechende Richtlinie 12.1 im Pressekodex zu ändern. Die dort geforderte Zurückhaltung soll die Diskriminierung von Minderheiten verhindern. Bei vielen Medien ist die Richtlinie umstritten. Die Kritik daran war zuletzt deutlich schärfer geworden.

«Die Richtlinie soll nicht geändert werden», sagte Presserats-Sprecherin Edda Eick. Zuvor hatte das aus Vertretern von Journalisten- und Verlegerverbänden gebildete Selbstkontrollorgan in nicht-öffentlicher Sitzung mehr als zweieinhalb Stunden über diese Frage diskutiert. Der Presserat erkenne an, dass es Unsicherheiten in den Redaktionen beim Umgang mit der Richtlinie gebe. Deswegen sei in der Überlegung, sie etwa durch einen Leitfaden mit Beispielen zu ergänzen, sagte Eick.

Journalisten müssten im Einzelfall verantwortlich entscheiden, ob Informationen über die Herkunft von Straftätern von Gewicht seien, um den Vorgang verstehen oder einordnen zu können, teilte der Presserat mit. Den «Vorwurf des Verschweigens und der Zensur» wies die Organisation ausdrücklich zurück. Der Presserat sei nicht der Vormund von Journalisten und Medien, er gebe lediglich Handlungsorientierungen: «Es gibt kein Verbot, die Herkunft von Straftätern und Tatverdächtigen zu nennen.»

Die «Sächsische Zeitung» erwägt, die Herkunft von Straftätern in der Berichterstattung künftig immer anzugeben. Chefredakteur Uwe Vetterick, der an der Sitzung des Presserats teilgenommen hatte, schlug vor, künftig konsequent die Nationalität zu nennen, egal ob es sich dabei um Deutsche handele oder um Ausländer.

Vetterick begründete das mit den Ergebnissen einer repräsentativen Befragung der «Sächsischen Zeitung»: Sie habe gezeigt, dass viele Leser davon ausgingen, die Täter seien Asylbewerber, wenn in der Berichterstattung keine Nationalität genannt werde. Die neue Regelung könnte solche Missverständnisse vermeiden helfen, sagte Vetterick. Nachdem der Presserat nun entschieden habe, die Richtlinie unverändert zu lassen, wolle er zunächst mit der Redaktion über mögliche Konsequenzen diskutieren.

Der Presserat hatte am Mittwoch mit mehreren Experten über die Richtlinie 12.1 diskutiert, darunter Peter Pauls, Chefredakteur des «Kölner Stadtanzeigers», Sven Gösmann, Chefredakteur der Deutschen Presse-Agentur, dem Berliner Medienkritiker Stefan Niggemeier sowie dem Medienpsychologen Frank Schwab von der Universität Würzburg.

Pauls plädierte dafür, die Richtlinie 12.1 beizubehalten. «Wir sind der Meinung, dass wir damit sehr gut leben können, wenn man die Richtlinie so interpretiert, wie wir es zu Silvester getan haben», sagte er unter Verweis auf die Vorfälle am Kölner Hauptbahnhof. «Wir haben die Herkunft der anwesenden und mutmaßlichen Täter genannt.» Es müsse aber jeder Einzelfall betrachtet werden.

Die Richtlinie 12.1 im Pressekodex nennt als Voraussetzung für Angaben zur Herkunft, dass es einen «begründeten Sachbezug» zur Straftat geben muss. Nur dann seien Informationen zur Religion oder ethnischen Zugehörigkeit der Täter oder Verdächtigen legitim.

Quelle: DPA

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